Sonntag, 19. Dezember 2010

Streifzug durch Tokyo

Einigen wird es vielleicht schon aufgefallen sein, dass meine Zahl an Blogeinträgen zurzeit unter das bisher gewohnte Limit von einem Beitrag pro Woche gesunken ist. Das liegt zum einen daran, dass ich zwar gerne etwas über japanbezogene Themen schreiben wollen würde, mir aber mittlerweile die eigenen Erfahrungen bzw. Materialien dazu fehlen, diesem Blog meinen Ansprüchen genügend, zu gestalten.

Da ich zu den Themen auch gerne selbst etwas über meine eigenen gemachten Erfahrungen schreiben möchte, wäre es im diesem Sinne einfach nur unangebracht, wenn ich alles nur aus dritter Hand recherchieren würde. Ich könnte zwar schon etwas über Kyoto oder den Fischmarkt in Tokyo berichten, aber da ich (leider) noch nie an einem dieser Orte war oder eigene Bilder gemacht habe, wären meine Quellen eben nicht aus erster Hand, und man könnte sie genauso gut woanders nachschlagen.

Deswegen fahre ich mit dem Betrieb solange etwas runter, bis ich auch wieder etwas spannendes über (oder in) Japan erfahren haben sollte, was ich auch selbst erlebt habe.


Beispielsweise das hier:

Durch Zufall stieß ich heute in Youtube auf den Videochannel von egauwauemon, welcher größtenteils selbstgemachte Stadtaufnahmen aus Japan auf seinen Channel geladen hat. Da diese Videos aus der Fußgänger-Perspektive und nur mit den originalen Straßengeräuschen aufgenommen wurden, fühlt man sich beim Betrachten dieser fast schon selber wie ein Passant, welcher gerade in Akihabara, Asakusa oder unter den Kirschblüten flanieren geht.

Speziell für mich boten sich viele Szenen vertraute Orte, an welchen ich schon einmal entlanggelaufen bin. Es fühlte sich schon fast so an, als sei ich wieder dort.

Wer also schon immer einmal die Atmosphäre einer tokyoter Fußgängerzone erleben wollte, der sollte unbedingt einmal in diesem Channel vorbeischauen (und dem Autor auch vielleicht auch ein kleines Kommentar schreiben). Diese Videos vermitteln wirklich eine spezielle Authentizität...


Für mich speziell sind einige Szenen pure Nostalgie.


Soweit von mir.


Samstag, 4. Dezember 2010

Nur eine Kleinigkeit - Schenken in Japan

Möglichkeiten für das Beschenken gibt es ebenso viele, wie es Dinge gibt, welche man an die verschiedensten Leute verschenken kann. Und das ist auch in Japan nicht anders. Jedoch gibt es kulturell gesehen ein, zwei kleine Verhaltensweisen, auf die man bei diversen Anlässen achten sollte. In Japan herrscht eine ausgeprägte Geschenkkultur, welche fest in die zwischenmenschlichen Beziehungen eingeflochten ist. Als Fernhalter von Fauxpas habe ich versucht, einige der wichtigsten Regeln des Gebens zusammenzutragen.

Grundlegendes zuerst: Erhält ein Japaner ein Geschenk, so fühlt dieser sich in den häufigsten Fällen dazu verpflichtet ein Gegengeschenk zu machen. Zwar nicht sofort, aber irgendwann kommt diese Fälligkeit bestimmt. Im umgekehrten Falle sollte man sich ebenfalls Gedanken für eine kleine Gegenleistung machen, wenn man beispielsweise ein kleines Gastgeschenk erhalten hat. In meinem Falle hatte war ich für einen Tag bei einer japanischen Familie zu Gast, und habe der Mutter bei meiner Ankunft etwas Schokolade aus Deutschland gegeben. Als ich wieder gegangen bin, gab es von ihr als Gegenleistung ein paar japanische Süßigkeiten. Schenken und beschenkt werden halt.
Taten aus Freundlichkeit werden nämlich oft als "Last" für denjenigen angesehen, der sie vollbringt. Demzufolge steht man in der Schuld desjenigen, und sollte eine Gegenleistung erbringen. (Wenn man übrigens einen Gefallen getan bekommen hat, so sagt man der Person auch eher "Entschuldigung" als "Danke".) Ein extremes Beispiel ist die Valentinstagsschokolade, welche der beschenkte Mann einen Monat später am "White Day" der Schenkerin in Form von weißer Schokolade erwiedern sollte (angeblich sogar im doppelten Wert). Für andere Geschenke gilt, dass der Wert eines Gegengeschenkes ungefähr knapp unter dem Wert des erhaltenen Geschenkes liegen sollte. Wenn man den genauen Preis nicht kennt, so kann man auch schätzen.
Bekommt man übrigens ein reines Dankesgeschenk, so braucht man keine Gegenleistung erbringen, da es ja schon die Begleichung des "Schuldenkontos" ist.


Die beliebtesten Präsente unter Japanern sind Nahrungsmittel. Das japanische Sprichwort "hana yori dango" ("Lieber Klöße als Blumen") beschreibt ihren Pragmatismus am besten. Fährt ein Japaner beispielsweise in den Urlaub, so hat er bei seiner Heimkehr mit hoher Sicherheit keine Staubfänger als Souvenirs für Bekannte und Familie im Gepäck dabei, sondern bekannte Spezialitäten aus der besuchten Region (omiyage). Jede Ecke in Japan hat nämlich ihre eigenen Köstlichkeiten, über die manchmal sogar im Fernsehen berichtet wird. In vielen Urlaubsorten erinnern die Souvenirläden an den Bahnhöfen fast schon an einen Lebensmittelhandel.
Kommt man aus dem Ausland (sagen wir mal Deutschland), so kann man auch ein paar "Exportschlager" wie die Gummitiere vom gelben Bär (aber keine Lakritze - schmeckt selten jemanden) oder die Schoki mit der lila Kuh vorbeibringen. Bier und Wurst tun es auch, wenn man unbedingt das japanische Klischee des Deutschen betonen möchte. Eine sehr beliebte Süßigkeit ist auch Baumkuchen. Dieser wird zwar auch in Japan (sogar mit deutschen Namen) verkauft, aber meist ohne Schokolade und dafür mit verschiedenen Aromen wie Banane oder grünem Tee.

Bei der Übergabe eines Geschenkes aus Höflichkeit (Gastgeschenke etc.) ist darauf zu achten, nicht unbedingt prahlerisch zu wirken. Auch wenn man Ewigkeiten gesucht und gegrübelt hatte, so sollte man das Geschenk mit einer gewissen Zurückhaltung abgeben. In vielen Reiseführern steht beispielsweise, dass ein Japaner aus Bescheidenheit das Paket bei der Übergabe als "nur eine Wertlosigkeit" oder "eine langweilige Sache" markiert. Den Stolz sollte man also vermeiden.

Für alle, welche gerne erfahren wollen, ob das Geschenk nun Gefallen findet oder nicht, die sollten sich keine allzu großen Hoffnungen bei Japanern machen. Denn das Geschenk wird meistens angenommen und scheinbar achtlos weggestellt. Man will ja nicht unbedingt als habgierig erscheinen. Erst dann, wenn der Gast gegangen ist, wird es schliesslich ausgepackt. So ersparen sich beide Parteien bei Missfallen des Geschenkes sich doch irgendwie verstellen zu müssen.

Eine Sache, welche ich zwar schon gehört, aber selber noch kaum erlebt habe, ist eine Praxis mit Geschenkverpackungen. Viele Kaufhäuser haben ihre eigenen Geschenkverpackungen und lassen einen sofort erkennen, wo es gekauft wurde. Bei etwas prestigebehafteten Shops, ist somit der Ursprung des Päckchens durch sein Äußeres bereits vorgegeben. Somit kann es passieren, dass einige toll verpackte Geschenke schon durch mehrere Hände weiterverschenkt worden sind, ohne ausgepackt zu werden. Allein der Akt des Schenkens kann somit schon eine Geste an sich sein.

All diese Normen gelten am ehesten noch in formellen Kreisen, in denen Höflichkeit eine große Bedeutung besitzt. Im engen Freundeskreis sind diese Regeln natürlich etwas lockerer.

Mein letztes Beispiel sind Geldgeschenke, beispielsweise zu Hochzeiten oder Beerdigungen. Das Geld sollte man vorher in bestimmte Umschläge (noshibukuro) stecken, welche man fast in jedem Convenience Store oder Schreibwarenladen kaufen kann, und dann überreichen. Diese Unschläge haben je nach Anlass eine bestimmte Beschriftung und Bänder in besonderen Farben und Formen, welche man tunlichst nicht verwechseln sollte. Beerdigungen sind schließlich keine Hochzeiten oder umgekehrt. Die Umschläge für Beerdigungen haben meistens eine Schleife, deren Enden nach oben zeigen.
Auch bei normalen Übergaben von größeren Geldbeträgen werden übrigens Umschläge verwendet, welche aber nicht so sehr verziert sind.

Gibt man Geschenke, so sollte man kulturelle Unglückssymbole meiden. Die Zahl "vier" (klingt wie "shi" - Tod) oder die Farbe Weiß (Trauer) sollte man meiden. Beispielsweise sollte man bei Geldgeschenken an Hochzeiten darauf achten nicht vier Scheine in den Umschlag zu packen und weiße Blumen sind nur bei Beerdigungen angebracht.

Schenken in Japan ist also eine verworrene Angelegenheit, bei der es viel zu beachten gilt. Allein schon durch kulturelle Faktoren bedingt, kann man in verschiedene Fettnäpfchen treten, welche man durch eine gute Vorbereitung hätte vermeiden können. Je mehr man sich also mit den Eigenheiten von diesem Land befasst, umso eher kann man peinliche Situationen vermeiden und Alltagshürden souverän meistern.


Soweit von mir.


Mittwoch, 17. November 2010

Knigge mit Stäbchen

Vielen ist bekannt, dass Japaner so ziemlich alles mit Stäbchen essen. Kein Reiskorn ist zu klein und keine Nudel zu schlüpfrig für die seit ihrer Kindheit trainierten Asiaten. Auch als Tourist oder Austauschstudent muss man sich an dieses - zugegeben schwierige - Esswerkzeug gewöhnen. Denn auch im Umgang mit den Holzstäbchen gibt es gewisse Regeln zu beachten, an die man sich halten sollte, wenn man etwas Anstand demonstrieren möchte.

Und da Japaner nun mal sehr regelliebend sind, wurden für die einzelnen Fehltritte sogar bestimmte Begriffe definiert. Jeder einzelne Fauxpas hat also auch einen Namen, welche ich mal im Folgenden erläutern werde.


Copyright (C) 2010 Kodomo Kurabu All Rights Reserved.
Copyright (C) 2010 Iwasaki Shoten All Rights Reserved.

Die Illustrationen habe ich von Yahoo Japan, und kann man hier und hier nachschlagen.


Nr. 1 (mayoibashi):
In der traditionell japanischen Esskultur stehen viele einzelne und kleine Schälchen auf dem Tisch. Oftmals werden die Schalen dann auch für alle in die Tischmitte gestellt, damit sich jeder daraus bedienen kann.
Man kann zwar durcheinander aus den Schalen essen, aber man sollte mit den Stäbchen nicht wahllos über den Schalen herumkreisen. Zusatzpunkt: Zwischen den Beilagen immer eine kleine Portion Reis essen, damit man beispielsweise nicht nur das Gemüse wegfuttert und der Reis übrig bleibt.

Nr. 2 (sashibashi/tsutsukibashi):
Auch wenn die Kartoffel noch so rund ist und wegkugelt; man sollte das Essen stets mit den Stäbchen greifen und nicht aufspießen. Kleiner Tipp: Runde oder große Stückchen kann man zerteilen, indem man kurz mit den geschlossenen Stäbchen hineinpiekst und es dann beim Öffnen der Stäbchen auseinanderzieht oder -bricht.

Nr. 3 (sashibashi):
So wie man hierzulande nicht mit dem nackten Finger auf andere Leute zeigt, so sollte man in Japan auch nicht die eigenen Stäbchen dazu benutzen, um auf andere Dinge oder Leute zu zeigen.

Nr. 4 (tatakibashi):
Auch wenn die Stöckchen dazu verleiten sollten, wäre es unangebracht mit ihnen auf dem Geschirr wie bei einem Schlagzeug herumzutrommeln.

Nr. 5 (namidabashi):
Greift man sich ein besonders saftiges Stück, so kann es passieren, dass man den Tisch damit volltropft. Um dies zu vermeiden, kann man fix seine Reisschüssel unterschieben, welche man eh in der Hand halten darf, damit kein Tropfen daneben geht.

Nr. 6 (saguribashi):
Auch wenn man die leckersten Klösschen ganz unten in der Schale vermuten sollte, so darf man nicht mit den Stäbchen nach ihnen in der Schüssel wühlen unzd danach suchen.

Nr. 7 (utsuribashi):
Das Essen mit den Stäbchen von der Schüssel sicher in den Mund oder auf den Reis zu bekommen, kann für ungeübte Stäbchenhalter ein langer Weg sein. Trotzdem sollte man sich nicht davon verleiten lassen, den Happen die letzten Zentimeter zu werfen oder gekonnt in den Mund zu schleudern. Vollkontakt ist wichtig.

Nr. 8 (watashibashi):
Wie man das Esswerkzeug nach der Mahlzeit hierzulande auf dem Teller ablegt ist teilweise umstritten bzw. variiert je nachdem, ob es geschmeckt hat oder nicht. Hat man hingegen in Japan aufgegessen, so gehören die Stäbchen immer neben oder in die Reisschüssel. Oftmals gibt es für sie auch ein kleines Bänkchen als Ablage. Vermeiden sollte man jedoch, dass man die Stäbchen wie eine Brücke quer über die Schüssel legt.

Nr. 9 (yosebashi):
Will man eine Schale näher an sich heranbringen, so sollte man sie nicht mit den Stäbchen heranziehen, sondern die eigenen Hände benutzen oder höflich danach fragen.

Nr. 10 (kakikomibashi):
Die Reisschale in die Hand zu nehmen und daraus zu essen ist zwar erlaubt, doch sollte man sie nicht an den Mund setzen und das Essen von ihr heraus in den Mund schaufeln.

Nr. 11 (neburibashi):
Auch wenn das Essen noch so lecker war, sollte man nicht die Spitze der Stäbchen mit der Zunge ablecken.

Nr. 12 (kuwaebashi):
Hat man sich gerade etwas mit den Stäbchen in den Mund befördert, so sollte man diese nicht im Mund behalten und dann seine Hände benutzen. Sollte man beispielsweise jemanden eine Schale reichen, dann die Stäbchen immer dabei ablegen.

Nr. 13 (seseribashi):
Steckt einem etwas zwischen den Zähnen, dann sollte man nicht die Stäbchen als Zahnstocher verwenden. Oftmals liegen dafür auch eigens Zahnstocher in Lokalen bereit, oder werden bei Einwegstäbchen mit in die Packung gelegt. Das Kauen auf den Stäbchen ist ebenso ungern gesehen (kamibashi)

Nr. 14 (komibashi):
Ein zu großes Stück genommen? Selbst schuld, denn den Batzen sollte man nun nicht mit den Stäbchen in den Mund hineindrücken. Lieber etwas vorausschauend planen und das Essen vorher zerkleinern.

Die letzten zwei Beispiele sind wahre Delikte am Esstisch und sollten tunlichst vermieden werden, damit man niemanden empört!

Nr. 15 (
hiroibashi/hashiwatashi):
Möchte man jemanden etwas Kleines von seiner Schüssel zum Probieren geben, oder wird einem etwas angeboten, so sollte man darauf achten, dass das Essen nicht von Stäbchen zu Stäbchen gereicht wird. Denn dies erinnert an das buddhistische Totenritual, bei dem die Reste des eingeäscherten Körpers mit Stäbchen auf diese art und Weise weitergereicht werden.
Man sollte den Happen daher auf die Schale des anderen Legen, oder ihn füttern (bsp.: Kind).

Nr. 16 (hotokebashi):
Weiterhin sollte man seine Stäbchen niemals senkrecht in den Reisberg in seiner Schüssel stecken. Stirbt eine Person in der Familie, so wird eine Schale mit Reis auf dem Hausaltar dargeboten, indem die Stäbchen dann in dieser Form in den Reis gesteckt werden.

Natürlich gibt es neben diesen noch weitere Regeln, welche man beim Umgang mit den Stäbchen beachten sollte (beispielsweise nicht in die Haare stecken), aber das würde wohl zu sehr ins Detail führen. Weiterhin gibt es neben den Stäbchen auch noch Gläser oder Schüsseln, welche man in bestimment Situationen auf eine bestimmte Art halten oder weiterreichen sollte.

Knigge in Japan ist ein interessantes Thema voller spannender Unterschiede zu unseren Tischsitten. Wenn man sich also damit befassen sollte, so kann man mit Sicherheit viel über die japansiche Kultur lernen.


Soweit von mir.